Soeben habe ich eine 10-tägige Reise durch die chilenische Region Aysén beendet, bei der ich mit zwei Expeditionsleitern von Far South Expeditions, Claudio F. Vidal und Susanne Widmer, unterwegs war. Ich bin schon voller Vorfreude, nächstes Jahr im Rahmen einer meiner Fototouren hierher zurückzukommen. Vielleicht muss ich vorausschicken, dass ich schon fünf Mal in Südpatagonien und im Torres del Paine Nationalpark war. Patagonien ist schlicht eine atemberaubende Gegend. Für die Región Aysén war die Latte also hoch angesetzt. Und ganz ehrlich, sie hat meine Erwartungen bei Weitem übertroffen.
Ich war Ende April, Anfang Mai dort, also im Herbst. Die Farben der Lenga-Südbuche, der Antarktischen Scheinbuche (Nirre) und der Weiden sind fantastisch. Wie farbige Teppiche legen sie sich in die Täler und an die Berghänge. Das bunte Herbstlaub lässt einem den Mund offen stehen. In vielen Teilen Ayséns ragen schneebedeckte Berge in die Höhe, was der ganzen Szene noch mehr Dramatik verleiht. Das Wasser, das von den Bergen hinunterrauscht, bildet grossartige, mehrschichtige Wasserfälle, ehe es als Teil der grossen Flüsse wie z.B. Río Simpson, Baker oder Chacabuco ins Meer fliesst. Der Fluss Baker ist bekannt für seine erstklassige Fischerei und seine aufregenden Rafting-Möglichkeiten. Sein Wasser ist wunderschön blau, fast türkis, und wenn immer Licht auf seine Oberfläche trifft, glitzert es in alle Richtungen. Beim Zusammenfluss mit dem Fluss Neff gibt es einige Aussichtspunkte und kurze Spazierwege, die einem wunderbare Blicke in die prächtige Landschaft offenbaren. Berge, Wasser und buntes Laub schaffen eine einzigartige Kulisse.
Die Region Aysén beheimatet auch den neuen Patagonia Nationalpark, welcher zweifellos einen Besuch wert ist. Berge und patagonische Steppen mit ihrer Fauna und Flora sind hier in grossen Mengen vorhanden und laden ein zum Erkunden und Geniessen.
Der grösste Nationalpark in der Region Aysén ist der NP Laguna San Rafael. In seinem Perimeter befindet sich auch der mächtige, tiefblaue Gletscher San Rafael. Er kalbert in den gleichnamigen See, auf welchem unzählige Eisberge schwimmen. Diese wiederum dienen nicht selten Seeleoparden aus der nahegelegenen Kolonie als Ruheplatz. Es gibt verschiedene Exkursionen, im Rahmen derer der Gletscher San Rafael besucht werden kann. Meine Route war diejenige per Katamaran ab Puerto Chacabuco. Es handelt sich dabei um einen intensiven Tagesausflug. Die Fahrt durch die verschiedenen Fjorde bis hin zur Lagune ist atemberaubend. Dort verbrachten wir volle drei Stunden bei der Gletscherfront. Auch ein Abstecher mit dem Zodiac Schlauchboot direkt zum Gletscher hin war Teil dieses grossartigen Erlebnisses. Dem Besucher bieten sich unglaubliche Möglichkeiten, den Gletscher, das Eis, die Lagune und sogar die Seeleoparden zu fotografieren.
Ein weiterer Höhepunkt der Region Aysén ist der See General Carrera. Bei guten Lichtverhältnissen springt sein lebendiges Blau dem Betrachter sofort ins Auge. Es ist dies der grösste See Chiles. Er wurde von Gletschern ausgehoben und noch heute stammt ein Grossteil seines Wassers aus dem Nördlichen Patagonischen Eisfeld. Schon der See an sich ist herrlich. Doch an einem versteckten Ort am Ufer befinden sich die Marmorkathedralen. Eine Naturschönheit der Extraklasse! Vor mehr als 6000 Jahren haben Wind und Wasser begonnen, den Kalk und Marmor dieser Gegend zu erodieren. Daraus ist ein eindrückliches Höhlensystem entstanden. Einige der Grotten sind gross genug, um per Motorboot von innen erkundet zu werden. Dass dies die Künste eines erfahrenen und geübten Kapitäns voraussetzt, versteht sich von selbst. Die Szene, die uns im Innern dieser Kavernen erwartet, ist einmalig. Die Formationen ähneln einer engen Schlucht und das tiefblaue Wasser des General Carrera Sees trägt noch weiter zur Schönheit dieses Ortes bei. Es ist ein wahrhaftig einzigartiger Ort zum Fotografieren.
Ich kam primär wegen der Fotografie nach Aysén. Die Region bietet aber auch unzählige Wanderwege und Nebenstrassen, die den Besucher in wunderschöne Gegenden bringen. Ob eine Erkundung zu Fuss oder per Fahrzeug – sie dürfte so oder so sehr interessant sein.
Meine Reise startete in Coyhaique und ging südwärts bis Cochrane. Wir bewegten uns vorwiegend auf der Carretera Austral, welche in den 1980er Jahren gebaut wurde, um chilenisch Patagonien an den Rest des Landes anzubinden. Sie mögen nun denken, so eine neue Strasse sei bestimmt vierspurig und reibungslos geteert. Aber Achtung, dem ist überhaupt nicht so. Es handelt sich um eine weitestgehend unbefestigte Strasse vorbei an Bergen, Flüssen und Seen. Sie werden nicht schnell unterwegs sein, und sollten es besser auch gar nicht erst versuchen. Es gibt viel zu viele schöne Orte entlang der Route, an denen es sich lohnt, anzuhalten und die Kulisse zu geniessen. Nehmen Sie sich Zeit für die Reise und es wird eine wunderbare Erfahrung werden. Beobachten, geniessen und fotografieren Sie nach Herzenslust in der Region Aysén in chilenisch Patagonien.
Eliot Cohen
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